Von Amazon zu Draft2Digital – warum ein Wechsel für deutsche Selfpublisher sinnvoll ist

Lesedauer 4 Minuten

Viele Autorinnen und Autoren starten ihre Selfpublishing-Karriere bei Amazon KDP. Die Plattform ist bekannt, sie wirkt auf den ersten Blick unkompliziert, und mit dem Kindle hat Amazon ein eigenes Endgerät geschaffen, das scheinbar den gesamten Markt dominiert. In Deutschland liegt der Marktanteil von Amazon im E-Book-Bereich bei etwa 60 bis 65 Prozent. Das ist gewaltig, aber es ist längst nicht die ganze Wahrheit. Denn wer sich ausschließlich auf Amazon verlässt, macht sich abhängig von einem einzigen Anbieter – und das kann für Selfpublisher fatale Folgen haben.

Ich habe selbst diese Erfahrung gemacht. Über 80 Bücher habe ich dort hochgeladen, im Schnitt 14 Verkäufe pro Tag erzielt, und doch wurde ich ohne Vorwarnung gesperrt. Keine Begründung, keine Transparenz, keine Sicherheit. Meine letzten zwei Monate Einnahmen wurden einfach einbehalten. Das Ergebnis: Arbeit ohne Gegenleistung. Wer sein komplettes Autorendasein auf Amazon aufbaut, lebt mit einem Damoklesschwert über dem Kopf. Genau deshalb ist es höchste Zeit, Alternativen ins Auge zu fassen. Und die einzige wirklich sinnvolle Alternative heißt: Draft2Digital.

Draft2Digital, kurz D2D, ist eine internationale Distributionsplattform für Selfpublisher. Das Prinzip ist einfach: Einmal hochladen, überall verkaufen. Während Amazon dich an die Kindle-Welt bindet, öffnet D2D dir die Türen zu einer Vielzahl von Shops, Plattformen und sogar Bibliotheken. Damit erreichst du nicht nur mehr Leser, sondern wirst auch unabhängiger von den Launen eines einzigen Konzerns.

Ein Blick auf die Partner von Draft2Digital zeigt sofort, wie mächtig das Netzwerk ist. In Deutschland ist vor allem der Tolino-Verbund entscheidend. Tolino steht für große Namen wie Thalia, Weltbild, Hugendubel, Osiander und eBook.de. Millionen von Leserinnen und Lesern kaufen ihre E-Books dort – oft bewusst, weil sie Amazon nicht unterstützen wollen. Wer über Draft2Digital veröffentlicht, steht automatisch auch in diesen Shops. Damit erschließt man sich eine Leserschaft, die Amazon-Autoren niemals erreichen.

Aber Tolino ist nur der Anfang. Über Draft2Digital gelangen deine Bücher auch zu Apple Books, direkt integriert in alle iPhones, iPads und Macs. In vielen Ländern ist Apple Books eine ernstzunehmende Konkurrenz zu Amazon. Dazu kommt Kobo, der E-Book-Anbieter des japanischen Unternehmens Rakuten, der insbesondere in Kanada und Teilen Europas stark vertreten ist. Auch Barnes & Noble Press in den USA gehört dazu – einer der größten Buchhändler weltweit.

Darüber hinaus beliefert Draft2Digital Plattformen wie Scribd, ein internationales Abo-Modell für Bücher und Hörbücher, das mit Streamingdiensten vergleichbar ist. Und vielleicht am wichtigsten: Über D2D gelangen deine Titel in Bibliothekskataloge, etwa über OverDrive, Hoopla oder Bibliotheca. Das heißt, Leserinnen und Leser können deine Bücher direkt über ihre Stadtbibliothek ausleihen – und du erhältst jedes Mal eine Vergütung. Dieser Aspekt ist gerade im deutschsprachigen Raum ein echtes Plus, denn Bibliotheken sind nach wie vor ein zentraler Bestandteil der Lesekultur.

Viele Selfpublisher fragen sich an dieser Stelle: Lohnt sich das finanziell überhaupt? Schließlich zahlt Amazon im Standardfall 70 Prozent Tantiemen im Preisbereich zwischen 2,99 und 9,99 Euro. Draft2Digital liegt bei etwa 60 Prozent, da die Plattform selbst eine kleine Provision einbehält. Auf den ersten Blick klingt das nach einem Nachteil. Doch in der Praxis sieht es anders aus. Wer über D2D auf Tolino, Apple, Kobo und Bibliotheken präsent ist, erzielt in vielen Fällen deutlich mehr Verkäufe. Und mehr Verkäufe bei geringfügig niedrigerer Provision können am Ende mehr Einnahmen bedeuten als die scheinbar sichere 70-Prozent-Regel bei Amazon.

Hinzu kommt ein strategischer Vorteil: Diversifizierung. Wer alle Bücher bei Amazon hat, steht bei einer Sperre vor dem Nichts. Wer dagegen über Draft2Digital in vielen Shops vertreten ist, reduziert das Risiko drastisch. Selbst wenn ein Shop einmal Probleme macht, bleibt man an zig anderen Stellen sichtbar und verkaufbar. Diese Sicherheit ist unbezahlbar.

Gerade der deutsche Markt ist für Draft2Digital besonders spannend. Anders als in den USA, wo Amazon einen fast monopolartigen Marktanteil von über 80 Prozent hat, ist die Situation in Deutschland ausgewogener. Tolino hat eine starke Stellung, und viele Leser nutzen bewusst Alternativen. Das bedeutet: Wer seine Bücher nur bei Amazon platziert, verschenkt Sichtbarkeit und verzichtet auf potenzielle Lesergruppen, die Amazon aus Überzeugung meiden. Über Draft2Digital erschließt man diese Gruppen automatisch.

Meine eigene Erfahrung zeigt mir: Amazon ist unberechenbar. Ich habe hart gearbeitet, Dutzende von Büchern veröffentlicht und solide Verkäufe erzielt – und trotzdem wurde ich einfach entfernt. Keine Möglichkeit zur Klärung, keine Chance auf Wiedergutmachung. Es war ein Schlag ins Gesicht. Und genau deshalb rate ich jedem Autor, sich nicht länger auf Amazon zu verlassen.

Draft2Digital ist nicht perfekt, aber es ist fairer, transparenter und viel sicherer. Das Team kommuniziert, die Plattform ist serviceorientiert, und vor allem: Sie schließt dich nicht von heute auf morgen aus. Man hat das Gefühl, als Autor respektiert zu werden und nicht nur als Datenpunkt in einem Algorithmus.

Ein weiterer Vorteil ist die Einfachheit. Bei Amazon muss man jedes Detail selbst einpflegen, bei Draft2Digital reicht es, einmal das Manuskript hochzuladen. D2D formatiert automatisch, verteilt an alle Partner und macht es leicht, eine große Zahl von Titeln effizient zu managen. Gerade wer wie ich viele Bücher im Portfolio hat, spart so enorm viel Zeit.

Natürlich bleibt auch Kritik. Derzeit ist die Plattform nur auf Englisch verfügbar. Für deutsche Autoren wäre eine Lokalisierung in deutscher Sprache ein Riesenschritt. Dasselbe gilt für Spanisch – ein Markt mit noch größerem Potenzial. Hier besteht eindeutig Nachholbedarf. Aber auch wenn die Bedienoberfläche Englisch ist, funktioniert das Hochladen deutscher Bücher problemlos. Der Inhalt bleibt deutsch, nur die Menüs sind auf Englisch. Mit ein wenig Eingewöhnung ist das kein Hindernis.

Das Fazit ist eindeutig: Wer in Deutschland erfolgreich als Selfpublisher arbeiten möchte, darf Amazon nicht als alleinige Plattform betrachten. Der Markt ist größer, die Möglichkeiten vielfältiger, und Draft2Digital bietet den einfachsten Weg, überall präsent zu sein. Ja, Amazon hat nach wie vor seinen Platz. Aber die Abhängigkeit ist gefährlich und kann jederzeit zum Fallstrick werden. Wer auf Sicherheit, Reichweite und Unabhängigkeit setzt, sollte Draft2Digital ernsthaft in Betracht ziehen.

Ich selbst lade derzeit meine gesamten Bücher dort hoch. Es ist ein großer Schritt, aber er lohnt sich. Ich rate allen anderen, es ebenso zu tun. Boykottiert Amazon, macht euch unabhängig und setzt auf eine breite Distribution. So gewinnt ihr nicht nur Leser, sondern auch Freiheit.

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