Die Erde gehört niemandem – und doch musst du zahlen
Stell dir vor, du wirst auf einem Planeten geboren, auf dem alles vorhanden ist, was du zum Leben brauchst: Wasser, Nahrung, Luft, Platz. Du musst dafür nichts tun. Kein Vertrag, kein Konto, kein Chef, kein Staat. Du bist einfach da – wie ein Vogel, ein Fisch oder ein Baum. Doch sobald du als Mensch auf die Welt kommst, beginnt die Rechnung. Der Mensch zahlt für das Leben auf der Erde, während alle anderen Lebewesen die Ressourcen frei nutzen. Warum akzeptieren wir das als normal?

Schon als Kind bekommst du vermittelt: Du brauchst Geld. Du musst später arbeiten, um zu leben. Dein Dasein ist nicht selbstverständlich, sondern an Bedingungen geknüpft. Du kannst nicht einfach auf ein Stück Land gehen und dort leben – es gehört jemandem. Wasser aus dem Fluss trinken? Verboten. Obst von einem Baum pflücken? Nur wenn du es kaufst. Selbst die Luft, die du atmest, wird in Großstädten verkauft – als „reine Luft“ in Kanistern. Der Mensch hat sich ein System geschaffen, in dem er für seine bloße Existenz bezahlen muss – und dieses System nennt sich „Zivilisation“.
Alle Lebewesen leben frei – außer der Mensch
Wenn man das Verhalten anderer Spezies betrachtet, erkennt man schnell den Wahnsinn. Tiere leben im Einklang mit der Natur. Sie jagen, sammeln, ruhen. Pflanzen wachsen, ohne Steuern zu zahlen. Selbst hochentwickelte Säugetiere wie Delfine oder Elefanten folgen natürlichen Bedürfnissen – sie brauchen keine Eigentumstitel, keine Arbeitserlaubnis, keine Währung.
Der Mensch zahlt für das Leben auf der Erde, obwohl er Teil des selben Ökosystems ist wie all die anderen Lebewesen. Doch durch ein historisches Netz aus Macht, Eigentum und Kontrolle wurde er von der Erde entfremdet. Wo einst freie Stämme umherzogen und lebten, wird heute jeder Quadratmeter vermessen, verkauft, besteuert. Selbst Grund und Boden, der nie einem Menschen gehört hat, wurde „verrechtlicht“. Diese künstliche Ordnung ist tief verwurzelt – und sie wird durchgesetzt, notfalls mit Gewalt.
Wie absurd diese Logik ist, zeigen Stimmen aus der modernen Philosophie und Ökonomie. Der Soziologe David Graeber thematisierte in seinem Buch Schulden: Die ersten 5000 Jahre, dass das Geldsystem nicht auf einem Naturgesetz beruht, sondern auf Zwang und Vertrauen in künstliche Konstrukte. (Quelle: David Graeber, Interview in „Brand Eins“).

Die Erfindung des Eigentums
Wo beginnt das alles? Wahrscheinlich bei der Erfindung des Eigentums. Sobald ein Mensch sagte: „Das ist meins“, begann die Abgrenzung. Mit der Sesshaftigkeit in der Jungsteinzeit kam die Idee auf, dass man Land besitzen könne. Doch Land besitzt niemand – man kann es nutzen, bebauen, achten. Besitz ist ein Konzept, kein Naturrecht. Dennoch wurde daraus ein globales Rechtssystem – mit Grenzen, Zäunen, Verboten.
Der Mensch zahlt für das Leben auf der Erde, weil ein Teil der Menschheit begonnen hat, Natur in Kapital umzuwandeln. Wälder wurden zu Rohstoffen, Flüsse zu Wasserrechten, Tiere zu Handelsware. Wer kein Land besitzt, muss mieten oder kaufen. Wer kein Wasser hat, muss zahlen. Wer nichts hat, lebt abhängig – obwohl das Leben selbst ihm bei Geburt nichts schuldet.
Die Soziologin Vandana Shiva kritisiert genau das in ihrer Arbeit zur „Erde als Gemeingut“. Sie nennt es „Ökozid“, wenn die Menschheit den Planeten zur Profitquelle degradiert. (Quelle: taz.de – Vandana Shiva über Gemeingüter)
Arbeit als Bedingung für Existenz
Um dieses System aufrechtzuerhalten, muss der Mensch arbeiten. Denn ohne Einkommen kann er sich nicht „freikaufen“: keine Wohnung, kein Wasser, kein Essen. Die Erde wurde zur Ware – und der Mensch zum Konsumenten. Doch Arbeit bedeutet für viele heute nicht mehr kreative Entfaltung oder soziale Teilhabe, sondern blanke Überlebensstrategie. In Wahrheit arbeiten wir, um das zu bekommen, was uns als Lebewesen eigentlich zusteht: Lebensraum, Nahrung, Wärme, Sicherheit.
Die Erniedrigung des Lebens zur Kostenfrage zeigt sich besonders drastisch in den Slums, Flüchtlingslagern und Armutszonen dieser Welt. Millionen Menschen können sich ihr Leben auf der Erde nicht mehr leisten. Dabei sind sie genauso Teil dieses Planeten wie ein Adler in den Bergen oder ein Delfin im Ozean. Der Unterschied: Nur der Mensch hat sich selbst ein Ticket verkauft – für eine Welt, die ihm nie gehört hat.
Auf Domiversum.de findest du dazu auch einen Beitrag über Wahrnehmung und die Frage, wie stark unsere Realität von den Systemen geprägt ist, in die wir hineingeboren werden.
Die Normalisierung der Versklavung
Was heute als „normal“ gilt, ist historisch betrachtet eine perverse Umkehrung natürlicher Ordnung. Die Versklavung beginnt nicht erst mit Ketten und Auspeitschung, sondern mit Abhängigkeit. Wer sein Leben nicht führen kann, ohne dafür zu zahlen, ist nicht frei. Der Mensch zahlt für das Leben auf der Erde – nicht weil es sein Wesen verlangt, sondern weil ein künstliches System ihn dazu zwingt.
In einem Beitrag auf Telepolis wird genau das analysiert: Die Idee vom Privateigentum an Land ist eine ideologische Konstruktion, die Macht und Kontrolle aufrecht erhält. Wer Land besitzt, bestimmt über Leben – und das trifft besonders jene, die nichts besitzen.
Wie der Mensch sich selbst versklavte – Eigentum, Geldsystem und globale Kontrolle

Der Beginn der Entfremdung: Land wurde Ware
Die Grundlage der heutigen Absurdität – dass der Mensch zahlt für das Leben auf der Erde – liegt in der Aneignung von Land. Einst war die Erde für alle da: Tiere, Pflanzen, Menschen teilten sich Wälder, Flüsse, Licht und Boden. Doch irgendwann in der Menschheitsgeschichte erklärten Einzelne: „Das hier gehört mir.“ Diese Feststellung – so banal sie klingt – war ein revolutionärer Akt. Denn mit ihr begann die Ausgrenzung all jener, denen das Land nicht „gehörte“.
Was ursprünglich als Schutz oder territoriale Abgrenzung gedacht war, wurde schnell zur ökonomischen Basis eines gigantischen Herrschaftssystems. Die Einführung von Privateigentum – spätestens institutionalisiert durch das römische Recht – war der Wendepunkt. Von da an musste jeder, der nicht Eigentümer war, für das Recht zu leben auf diesem Stück Erde bezahlen. Diese Dynamik beschreibt auch der Ökonom Thomas Piketty in seinem Werk über Ungleichheit und Kapitalakkumulation. (Quelle: piketty.pse.ens.fr)
Das System der Abhängigkeit: Geld als Herrschaftsmittel
Eigentum allein wäre noch nicht das Problem – wenn es nicht mit Ausschluss einherginge. Doch der Mensch schuf dazu das passende Werkzeug: das Geldsystem. Geld wurde nicht etwa als neutrale Tauschhilfe eingesetzt, sondern als Waffe. Wer kein Geld hat, ist nicht arm – er ist ausgeliefert. Er darf das Land nicht betreten, darf das Wasser nicht trinken, darf die Früchte nicht essen, obwohl sie da sind.
Damit wurde ein System etabliert, in dem der Mensch zahlt für das Leben auf der Erde, obwohl das Leben selbst kein Preisschild trägt. Die Erde verlangt keine Miete. Die Sonne schickt keine Rechnung. Doch der Mensch – oder genauer: das von Menschen geschaffene System – hat diese natürlichen Gaben in bezahlbare Güter umgewandelt. Heute gilt: Ohne Geld kein Leben. Und das ist die höchste Form der Abhängigkeit.
Ein großartiger Text über diese Logik stammt vom Philosophen und Sozialkritiker Erich Fromm, der in Haben oder Sein genau diesen Bruch zwischen natürlichem Dasein und künstlichem Besitz analysiert. (Quelle: erich-fromm.de) Seine These: Der Mensch hat sich selbst entfremdet, indem er sich über Besitz definiert – nicht mehr über Sein.
Die Enteignung der Allgemeingüter
Besonders fatal ist die Privatisierung von sogenanntem Gemeineigentum: Wälder, Meere, Luft, Wasser – also genau jene Ressourcen, die das Leben überhaupt erst ermöglichen. Der Zugang zu diesen Ressourcen wird heute durch Lizenzen, Gesetze, Patente und Steuern reguliert. Wer nicht zahlt, darf nicht leben wie ein freies Lebewesen. Der Mensch zahlt für das Leben auf der Erde, weil selbst das Elementarste – wie der Zugang zu einem Fluss oder zu einem Acker – inzwischen verkauft wird.
Ein erschütterndes Beispiel: In Bolivien wurde 2000 sogar das Regenwasser privatisiert. Die Bevölkerung wurde daran gehindert, Regenwasser in Tanks zu sammeln – der Konzern Bechtel hatte das Recht daran erworben. Erst durch massiven Widerstand, bekannt als der „Wasserkrieg von Cochabamba“, konnte diese Enteignung rückgängig gemacht werden. (Quelle: bpb.de – Wasserprivatisierung in Bolivien)
Warum dulden wir das?
Die bittere Wahrheit ist: Der Mensch wurde konditioniert. Von klein auf wird ihm beigebracht, dass man „nur durch Arbeit etwas wert ist“, dass man „für sein Brot schuften muss“, dass „nichts im Leben umsonst ist“. Doch das stimmt nicht. In Wirklichkeit ist alles, was wir zum Leben brauchen, im Überfluss vorhanden – nur eben kontrolliert durch Systeme, die wir nicht hinterfragen.
Der Mensch zahlt für das Leben auf der Erde, weil er nie gelernt hat, dass es auch anders ginge. Weil er vergessen hat, dass er einst frei war – als Teil der Natur. Die Aufklärung, die Industrialisierung, der Kapitalismus – sie alle haben den Menschen „zivilisiert“. Doch dieser Fortschritt war ein Handel: Sicherheit gegen Freiheit. Und viele bezahlen heute mit ihrer Lebenszeit für ein System, das sie am Leben hindert, statt es zu ermöglichen.
Der Soziologe Harald Welzer beschreibt das in seinem Buch Selbst denken als einen der größten Widersprüche unserer Zeit: Wir haben eine Gesellschaft gebaut, in der fast alles möglich ist – außer frei zu leben. (Quelle: suhrkamp.de)
Vom Besitzer zum Beherrschten
Im globalen Maßstab ist der Mensch nicht mehr Akteur, sondern Konsument. Er darf wählen, was er kauft – nicht, ob er kaufen will. Diese vermeintliche Freiheit ist in Wirklichkeit ein Katalog aus Abhängigkeiten. Selbst der Traum vom Eigenheim ist längst an Kredite, Baugesetze, Bodenpreise und Steuerpflichten gebunden. Niemand darf einfach leben, wo er möchte. Niemand darf sich einfach nehmen, was ohnehin da ist. Der Preis für die moderne Ordnung ist die totale Kontrolle.
Die Internetseite Domiversum zeigt, wie viele Menschen sich inzwischen zurückziehen, weil sie den Druck, ständig „funktionieren“ zu müssen, nicht mehr ertragen. Diese Rückkehr zur Natur ist kein Eskapismus, sondern ein Versuch, sich zu erinnern: Dass das Leben früher nicht verkauft wurde. Dass Würde nicht an Zahlungsfähigkeit gekoppelt war.

Fazit: Der Preis der Freiheit – und warum wir neu denken müssen
Es gibt kaum eine banalere, zugleich erschütterndere Wahrheit als diese: Der Mensch zahlt für das Leben auf der Erde, während alle anderen Lebewesen frei leben dürfen. Kein Tier, keine Pflanze, kein natürlicher Organismus auf diesem Planeten wird gezwungen, Miete zu zahlen, Rechnungen zu begleichen oder sich für Nahrung zu verschulden. Nur der Mensch – angeblich das intelligenteste Wesen – hat ein System entwickelt, in dem seine bloße Existenz an Bedingungen geknüpft ist.
Doch diese Erkenntnis ist keine Einladung zur Resignation – im Gegenteil: Sie ist der Weckruf. Denn sobald wir verstehen, dass dieser Zustand menschengemacht ist, erkennen wir auch: Er ist veränderbar. Was der Mensch erschaffen hat, kann der Mensch auch hinterfragen – und, wenn nötig, neu gestalten.
Die größte Illusion ist, zu glauben, man hätte keine Wahl. In Wahrheit entstehen überall auf der Welt neue Lebensformen, Gemeinschaften, Rückzugsräume. Menschen, die sich zusammentun, um Land zu kaufen – nicht um es zu besitzen, sondern um es zu teilen. Menschen, die sich vom Zwang zur Lohnarbeit lösen, indem sie Permakultur betreiben, kleine Selbstversorgergemeinschaften gründen oder alternative Siedlungsmodelle aufbauen.
Diese Projekte zeigen: Es geht anders. Nicht jeder muss gleich das System verlassen, aber jeder kann beginnen, die Realität neu zu denken. Denn solange der Mensch zahlt für das Leben auf der Erde, wird er nie frei sein – und seine Würde bleibt an seine Kaufkraft gebunden. Wer wirklich etwas verändern will, muss bei den Grundfragen ansetzen: Wem gehört die Welt? Und warum?
Es ist an der Zeit, die Erde wieder als das zu begreifen, was sie ist: ein Geschenk, kein Geschäftsmodell.
Doch wer ausbrechen will aus dem Zwangssystem, in dem der Mensch zahlt für das Leben auf der Erde, braucht Alternativen, die über Theorie hinausgehen. Genau darum entstehen heute weltweit neue Projekte, die sich mutig von Besitzlogik und Systemzwängen lösen wollen.
Ein Beispiel dafür ist das VIVAMA-Siedlungsprojekt in Mexiko, das die Idee verfolgt, Land nicht zur Ausbeutung, sondern zur gemeinsamen Nutzung zu erwerben – ohne Ideologien, ohne religiöse Dogmen, einfach als Rückzugsort für Menschen, die frei leben möchten. Wer sich fragt, wie man den ersten Schritt ins reale Handeln macht, findet hier inspirierende Ansätze.
Mehr dazu gibt es auch im Beitrag VIVAMA – Auswandern nach Mexiko, der zeigt, wie die Vision einer unabhängigen Lebensweise in konkreten Projektideen Gestalt annimmt. Diese Bewegung steht nicht allein – sie steht in einer Reihe mit Denkmodellen wie dem Venus-Projekt, das bereits seit Jahrzehnten die technologische und soziale Umgestaltung unserer Welt vordenkt – weg von Konkurrenz, hin zu Kooperation und Lebensqualität für alle.
Auch externe Plattformen wie Mexidom berichten über solche Aufbrüche. Hier finden sich Informationen zur praktischen Umsetzung, rechtlichen Fragen und Standortwahl. Es geht um mehr als nur ums „Aussteigen“ – es geht darum, Verantwortung für das eigene Leben zurückzugewinnen.
Und wer wissen möchte, wie ein Land wie Mexiko trotz aller Widrigkeiten aufblühen kann, findet unter Mexikos blühende Zukunft einen optimistischen Blick auf neue Wege in Landwirtschaft, Gemeinschaft und Selbstversorgung.
Weitere konkrete Beispiele für alternative Lebensmodelle in Europa oder Südamerika, wie etwa das Tamera-Projekt in Portugal, das Ökodorf Sieben Linden in Deutschland oder Auroville in Indien, zeigen, dass Veränderung nicht nur möglich ist – sie passiert längst. Der Mensch muss nur den Mut aufbringen, sich an das Natürlichste zu erinnern: dass er frei geboren wurde.
Denn solange der Mensch zahlt für das Leben auf der Erde, bleibt ihm seine eigentliche Würde verwehrt. Doch sobald er beginnt, sich zu verbinden – mit anderen Menschen, mit der Natur, mit sich selbst – beginnt etwas Neues. Etwas Echtes. Etwas Eigenes.